«Der Clown stirbt und steht auf»

Clown-Theater – Morgen ist auf der Darmstädter Mollerhaus-Bühne die Premiere von «Forever auf Gleis 3»

Von wegen Ferien: Wenn andere am Strand dösen, arbeiten viele kulturschaffend an ihren neuen Projekten: Das ECHO traf Ann Dargies, die Regisseurin der Clownsschule des Theater Transit, bei einer Probe auf dem Darmstädter Karolinenplatz. „Forever auf Gleis 3“ heißt ihre neue Inszenierung, deren Premiere morgen (Freitag) im Mollerhaus ist.

„Der Clown stirbt und steht auf. Das ist das Zentrale“, sagt Ann Dargies, und die Augen der Schauspielerin, Regisseurin und Vorsitzende des Vereins der Freien Szene Darmstadt scheinen wissend zu lachen, während sie weiterspricht: „Der Tod kann jeden Moment kommen. Der Clown bereitet dich früh auf Abschied vor.“ Ann Dargies begleitet eine Probe ihrer Clownsschule auf dem Karolinenplatz, wo die neun Teilnehmer des sechzigtägigen Grundkurses Szenen der neuen Inszenierung einstudieren. Der öffentliche Raum bietet Gestaltungsfreiheit, die ausholend genutzt wird.

Aus Rostock, Leipzig, Lörrach und Graz sind Teilnehmer zur Clownsschule gekommen, begeistern sich für „sehr blanke, sehr ehrliche“ Darstellung. Die Soziologin Marieke Bohne (28) aus Rostock sagt: „Der Clown steckt seine Emotion in Mimik. Er offenbart, was wir sonst bedecken. Dabei geht es nicht ums Bespaßen des Publikums. Es geht um gesellschaftliche Fragestellung, wie poetisch sie auch anmutet.“ Kursteilnehmerin Barbara Gröbner meint: „Ich bin Clown. Das kann man nicht spielen. Dahinter steckt eine Lebenshaltung.“ Eine aufmerksame Beobachterin der Probe ist die angehende Kulturwissenschaftlerin und Praktikantin Helena Steurer aus Stuttgart. „Im Augenblick sein, ohne ihn zwischen Gestern und Morgen zu ersticken. Kind sein, wissend, dass das Leben im Augenblick steckt – das ist der Clown“, sagt sie.

„Schöner scheitern“ hieß das Stück der Vorjahresabsolventen der Clownsschule, und Ann Dargies knüpft erläuternd an: „,Schöner scheitern‘ – das bringt das Tragikomische des Clowns auf den Punkt.“ Seit 1998 leitet sie die Schule für Clowns im Rahmen des Theater Transit. Ann Dargies: „Ich bin ein Freigeist, eine politisch agierende Frau. Als ich als junge Frau die Schauspielschule besucht habe, hieß es: ,Lass den Clown außen vor, wir machen richtiges Schauspiel‘. Doch der Clown in mir hat sich behauptet. Seit ich die Clownsschule gegründet habe, geht der Zug ab.“

Termine

Die Premiere von „Forever auf Gleis 3“ ist morgen (Freitag) im Darmstädter Theater Mollerhaus, Sandstraße 10, weitere Vorstellungen sind am Samstag und Sonntag (16./17.) . Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es unter 06151 26540 oder im Internet:
www.theatermollerhaus.de.

„Forever auf Gleis 3“ lautet der Titel des neuen Stücks, das morgen Premiere feiert. Neun Clowns stehen an Gleis 3, wo das Warten auf den Zug sich ins Unendliche weitet und schließlich zum Dasein an sich wird. „Neun Charaktere an verschiedenen Stationen ihres Lebens treffen aufeinander. Ein Koffer, eine Tasche – sonst nichts. Sie stecken fest“, sagt die Regisseurin, schaut ins Weite. Und: „Das Steckenbleiben kennen wir. Etwas Einschneidendes passiert, du steckst fest.“ In Hinblick auf das Ensemble ergänzt sie: „Ich persönlich muss in jedem meiner Stücke vorkommen, sonst kann ich nicht inszenieren. Ich bleibe die Entscheiderin, bin schauspielende Regie.“ Überhaupt: Kein Clown komme an sich selbst vorbei, so Dargies.

„Er ist stark, weil er nichts kaschiert. Charakterköpfe erzeugen das Spannungsfeld im Gruppenspiel. Sie stoßen sich ab, ziehen sich an und entwickeln eine Leichtigkeit, die gewichtig ist.“ Just verklingt bei der Probe ein Lied im Walzertakt, das Annäherung zeitigte. Oder: Ein lieb gewordenes Requisit geht verloren, ein Gedanke erlischt, ein Wort verpufft, ein Sprachfetzen verstummt, wird in Tanz verwandelt – Ende und Neubeginn in allen Dingen. Auch an Gleis 3: Die Clowns balancieren durch Gefühlswelten. Das Schöne ist tragisch, die Heiterkeit tief, das Weinen komisch.

Choreografin des Stücks ist die Heidelbergerin Heike Stock, Cornelia Hergenröther aus Berlin die Assistentin der Regie. Volker Ell leitet Gesang und Rhythmus an. Das Textbuch hat Susan Leichtweiß geschrieben. „Du brauchst ein professionelles Team, um ein Thema rundum abzuklopfen, Tiefen der Inszenierung auszuhorchen“, sagt Ann Dargies.

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