Überlegungen zur Regie

aus dem Programmheft zur Inszenierung von Blut und Asche“ Libretto von Marianne Zückler Regie Ann Dargies November 2006

Im Theater treten wir immer in einen aktiven Dialog zwischen Fremden. Sichtbar wird er für die meisten im Dialog zwischen Zuschauenden und Schauspielenden. In aller Tiefe wird dieser Dialog aber nur erfahrbar, wenn wir ihn auch innerhalb des Ensembles der Mitwirkenden erleben. Wir begeben uns in einen intensiven zwischenmenschlichen Dialog, einen Dialog zwischen Spielenden, Texten, Themen, Quellen. Theater besteht aus Fleisch, Schweiß, Lust, Leidenschaft, Berührung, Befreiung, Weg und Abstraktion. In meinen Arbeiten ist mir die Möglichkeit gegeben einen solchen Dialog fruchtbar und erfahrbar für alle Seiten zu initiieren zu inszenieren.
Mein Wunsch, ein existentiell wichtiges Anliegen, ein Anliegen, das alle Menschen angeht, auf ästhetische Weise in den öffentlichen Raum zu stellen konnte und kann ich immer wieder in die Tat umsetzen. In unterschiedlichste Räume mit ganz eigenem Format, eine Bühne, die keineswegs neutral ist, die besonderen Beachtung fordert undderen Gestaltung mitbestimmen. Es ist mir wichtig, die Freiheit der Zuschauenden zu wahren, besonders angesichts eines emotional bedrängenden Themas. Auch der Text braucht Spielräume und braucht Reibung um zum Klingen zu kommen. Er bietet die Grundlage für differenzierte und starke Theaterfiguren. In den Proben widmen wir uns intensiv dem Thema oder den Texten. Die Figuren tauchten aus den Worten auf.
Sie treten in Zwiesprache mit anderen Theatermitteln wie mit Tanz, Musik Gesang und Komposition. In der Erarbeitung eines Stückes machen wir die kostbare Erfahrung eines kollektiven Kreationsprozesses, der aus einer Gruppe von Fremden ein emotional starkes und zugleich zartes Netzwerk macht. In ihm kann ein neues Ganzes entstehen, das sehr viel mehr ist als die Summe seiner Teile.
„Geh aus Dir raus sagt die Hex, mach Platz für die Eingebung“ „Irr dich gewaltig, sagt die Hex, täusch dich und vertu dich, sei unlogisch, irrational und bar jeder Vernunft. dreh dich im Kreis bist Dus weißt“. Und dann sei klar.“ Sie sind Erinnerung an die Erfahrungen des Suchens und Irrens und Staunens beim Inszenieren. Respekt und Neugierde bei allen Beteiligten, sowie die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Tun und den gesamten Prozess zu übernehmen sind hierfür wichtige Voraussetzungen. Darum setze ich für Improvisationen und Proben strenge Regeln, die diese wesentlichen kreativen Energien vor Wertungen, Urteilen und Hudelei schützen. Ich strebe Strukturen an, die alle bei Laune halten, Konzentration auf das Wesentliche herstellen, Kreativität freisetzen und Kräfte und Leidenschaften am Leben halten. Disziplin ist gefragt. Es gilt, im rechten Moment ja oder nein zu sagen, Geduld zu haben, Neugier, Klarheit und Hingabe. Insofern verstehe ich mich nicht nur als Künstlerin, und Bühnenaktivistin sondern auch als Gemeinwesenarbeiterin.
„Gastfreundchaft und die Bereitschaft, zuzuhören als wesentliche Prinzipien auf dem Weg zum Brücken schlagen zwischen Verschiedenem findet selbstverständliche Entfaltung.“
„Hunderte, alle versammelt auf einem Baum. Jede und jeder tirilliert, zwitschert und plappert. Plötzliche Stille….lange……noch länger…..nachklingen. Dann ohne ein Zeichen, wie von geheimer Hand, fliegen alle gemeinsam gleichzeitig los.“ „Innehalten…………Hingabe……………aus dieser Ruhe heraus agieren und reagieren, eines der schönsten Ziele nicht nur im Theater.“
Theater: Schnell kommt’s, schnell geht’s und hoffentlich bleibt etwas zwischen den Zähnen hängen. Vielleicht hinterlässt es einen kleinen Kater
Ann Dargies, im November 2006

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